Judith Rhodes zu Besuch

Am Mittwoch, 04.03.2020, besuchte Judith Rhodes aus Leeds (England) unsere Schule. Frau Rhodes berichtete vor den Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 9 und 10 von ihrer Mutter, Ursula Michel, die aus einer jüdischen Familie stammte und im Jahr 1939 mit dem sogenannten „Kindertransport“ aus Deutschland nach England ausreisen durfte. Ihre vier Jahre jüngere Schwester, Lilli, konnte die Reise nicht antreten, da jede Familie meist nur ein Kind per Kindertransport wegschicken durfte. Ursula, die damals 15 Jahre alt war, nahm am Mannheimer Hauptbahnhof Abschied für immer und begann ein neues Leben in England. Die zurückgebliebenen Familienmitglieder, Vater Heinrich und Mutter Gertrud sowie Schwester Lilli wurden nach Travniki (Polen) deportiert und anschließend ermordet.

Zu Beginn ihres Berichtes wurde die 17-minütige Kurzdokumentation „Koffer gepackt und überlebt“ (2014), die das Leben von Ursula skizziert, gezeigt. Der Film wurde durch die Initiative „Ludwigshafen setzt Stolpersteine“ realisiert. Im Zusammenhang mit der Realisierung des Filmes war es ihr ein Anliegen, dass ihre Eltern und ihre Schwester einen Stolperstein vor ihrem ursprünglichen Wohnhaus in Ludwigshafen erhalten.

Im Anschluss an den Film stellten die Schülerinnen und Schüler Fragen und wollten wissen, wo sich ihre Eltern kennengelernt haben, wann sie von der Geschichte ihrer Mutter erfahren hat und ob ihre Mutter Wiedergutmachungszahlungen erhalten hat. Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch die begleitenden Lehrkräfte waren sehr beeindruckt von der Geschichte der Familie Michel.

Für Frau Rhodes besuchte im Anschluss die schuleigene Dauerausstellung „…weil Hannelore jüdisch war“. Schülerinnen und Schüler unserer AG „Gegen Rechts“ führten durch die Ausstellung und stellten das Konzept sowie die Dauerausstellung in englischer Sprache vor. Frau Rhodes zeigte großes Interesse und war von der Arbeit der Schülerinnen und Schüler sehr angetan. Abschließend hinterließ Frau Rhodes einen Eintrag in das Gästebuch der AG mit den Worten „But I did not expect what followed: a tour of the most excellent Ausstellung. I was so moved and impressed…“

Der Film kann online abgerufen werden: https://www.mkfs.de/unterrichtsideen

Thank you, Judith Rhodes for coming to share such a personal story. We are looking forward to seeing you again!

 

Zum Hintergrund:

Als Kindertransport (auch 'Refugee Children's Movement') wird international die Ausreise von über 10.000 Kindern, die als „jüdisch“ im Sinne der Nürnberger Gesetze galten, aus dem Deutschen Reich und aus von diesen bedrohten Ländern zwischen Ende November 1938 und dem 1. September 1939 nach Großbritannien bezeichnet. Auf diesem Wege gelangten vor allem Kinder aus Deutschland, Österreich, Polen, der Freien Stadt Danzig und der Tschechoslowakei ins Exil. In Zügen und mit Schiffen konnten die Kinder ausreisen; die meisten sahen ihre Eltern nie wieder. Oftmals waren sie die einzigen aus ihren Familien, die den Holocaust überlebten.

Quelle: Seite „Kindertransport“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2019, 19:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kindertransport&oldid=195291887 (Abgerufen: 5. März 2020, 06:40 UTC)

W. Menke